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Bildung ist bunt in Bethanien

Pflegekräfte braucht das Land! Die Stiftung Bethanien in Moers eröffnete am 10. August 2023 ihre neue Akademie auf dem Gesundheitscampus in Moers. Ein Gebäude für die Ausbildung von Fachpflegekräften mit einer außergewöhnlichen, sehr farbenfrohen Lernumgebung. Die ersten Erfahrungen zeigen: Innenarchitektur lohnt sich!

Zahlen Daten Fakten

  • 1600 qm Grundfläche
  • 4 Etagen
  • 10 Klassenräume
  • 180 Plätze in einem Auditorium
  • 420 Auszubildende
  • 3 Skills-Labs für Training in Szenarien
  • 1 Bibliothek
  • 3 Kreativinseln
  • in weniger als 3 Jahren Bauzeit fertiggestellt
  • 4,75 Mio Einzelförderung des Landes NRW zum Ausbau von Ausbildungskapazitäten für Pflegekräfte
  • 3 Fachbereiche: 1. Pflegefachschule: Ausbildung Pflegefachmann/-frau, 2. Fort- und Weiterbildung: Pflichtunterweisungen, Fachfortbildungen WB zur Stationsleitung, WB zur Praxisanleitung, 3. Sprache und Kommunikation: Sprachförderkurse, Kommunikationstraining, Sprachtestung, Allgemein- und Fachsprachenprüfungen
  • vor 80 Jahren gegründet.

Gäste und Festredner

Die Rede des Vorstands der Stiftung Bethanien, Dr. Ralf Engels, eröffnet die Veranstaltung und sein Dank gilt allen Beteiligten, vom der Landesregierung, der Stadtverwaltung, den Beteiligten Baufirmen, Kooperationspartner und den Mitarbeitern Bethaniens. Minister Karl-Josef Laumann gibt sich die Ehre und hält eine flammende Rede über die Bedeutung der Ausbildung von Pflegefachkräften, den hohen Anspruch in der Ausbildung und wünscht sich mehr Selbstbewusstsein der Pflegefachkräfte. Ein Krankenhaus kann nur funktionieren, wenn alle Professionen respektvoll zusammenarbeiten. Die Krankenhausseelsorgerin Anke Prumann hat das Thema Pflege von der Seite der Beziehung zwischen Menschen betrachtet und die Interaktion in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung gestellt. Pflege ist ein wir, ein Du und ein ich. Der Leiter der Akademie Markus Schroller spricht voller Begeisterung davon, am richtigen Ort angekommen zu sein. „Das Haus ist für Bildung gebaut und wir füllen es mit Leben.“

Ich habe mich sehr gefreut, dass die Innenarchitektur viel Begeisterung ausgelöst hat. Aber bei der dramatischen Farbwahl ist sie auch nicht zu übersehen.

Bild Quelle: Stiftung Bethanien, Moers.

Farbe marsch! Warum die Feuerwehr das Farbkonzept auf dem Gewissen hat

Die Forderungen der Feuerwehr zum Thema Brandschutz sind oft gefühlt eher anstrengend und limitierend als inspirierend (obwohl es keinen Zweifel an der Wichtigkeit gibt!). In diesem Projekt bedeutete das: Rettungswege müssen auf dem Boden, durch Farbwechsel des Bodenbelags, in einer Breite von 120cm und als Weg deutlich abgebildet werden. Die Architekten haben dann einen knatsch-grünen Weg durch alle Flure und zu jeder Tür gelegt – wie vorgeschrieben. Das Ergebnis sieht gewöhnungsbedürftig aus: Kein Formschluss, für die Raumwahrnehmung eher irritierend und auch nicht nachvollziehbar.

Gleichzeitig startet ein harter Kampf um die Funktion und die Nutzung der Flurzonen. Die Lehrer brauchen Raum für kreatives Arbeiten: Gruppen sollen sich zusammensetzen können, verschieden groß, einen Bildschirm brauchen sie auch. Bewegung soll ins Lernen kommen. Die Schüler wollen Raum für ihre Pausen. Das Sekretariat hätte gerne eine Wartezone…

Negativ kann so positiv sein!

Um auf neuen Ideen zu kommen, hilft es mir manchmal, einfach mal andersherum zu denken! Wer sagt denn, das sich die Wege farbig als Lauffläche absetzen müssen. Andersherum wird daraus ein Konzept. Die Flächen, die als Aufenthaltsbereiche genutzt werden, sind jetzt farbige Kreativinseln!

Mit Farbe besser lernen

Das Farben unbewußt, unmittelbar ( in Millisekunden) und unwillkürlich auf uns einwirken, kann man sich nicht oft genug vergegenwärtigen. Farben wirken auf der emotionalen Ebene (unbewußte Wahrnehmung), auf unserer Gefühlsebene (bewußte Emotionen) und lösen eine Assoziation (eigener und kultureller Erfahrungsschatz) aus und steuern unser soziales Verhalten.

Farben haben mehrere Funktionen: sie geben uns Orientierung, strukturieren und stiften Identität. Farben leiten uns, helfen uns in Gebäuden zurechtzufinden. Durch Farbzuordnung erkennen wir schnell eine Funktion. Deshalb sollten Räume mit vergleichbarer Nutzung auch das selbe Farbkonzept aufweisen. Mehr zum Thema Farbe und die richtige Wahl in einem weiteren Blogartikel von mir.

Seminarräume

Alle Seminarräume der Pflegeschule, wo ein konzentrierter Unterricht stattfindet, haben eine Kombination von neutralen Grautönen (große Bodenfläche in Betonoptik), weiße Möbel mit einer markanten „Lakritzkante“ (diese Bezeichnung hatte die schwarz weiß gestreifte Tischkante gleich weg) und die Stühle haben einen schwarzen Stoffbezug. Die Wände sind weiß und das künstliche Licht hat einen geringen Gelbanteil und unterstützt über die Lichtfarbe die Aufmerksamkeit und Konzentration. Aber eine Fläche springt sofort ins Auge: Die Wandfläche hinter den Smartboards ist rot! Studien haben ergeben, dass Rot die Konzentration fördert und wach hält. Also nutzen wir doch dies Erkenntnis. Die Aufmerksamkeit wird klar in Richtung Smartboards gelenkt. Ausserdem hilft die Fläche einen Kontrast zwischen Bildschirm und dem Hintergrund zu schaffen. Rot in 5 verschiedenen Nuancen. (Eine kleine Bemerkung für die Unternehmenskommunikationsabteilung UKM: die CI Farbe „Flieder“ ist eine Nuance!)

ROT
Rot fördert die Konzentration und das rationale Denken. Aufgaben, in denen Erinnerungsvermögen gefragt ist, können auf Bildschirmen mit rotem Hintergrund deutlich besser gelöst werden, als vor einem blauen Hintergrund. Probanden schnitten ebenfalls besser bei detaillierten Aufmerksamkeitsübungen ab. Rotes Licht erhöht die Atemfrequenz und hat eine anregende Wirkung auf das Vegetativum.

Ein Artikel zur Farbpsychologie von Lehrerfreund.de

Kreativinseln

Im Kontrast zu der eher sachlichen Atmosphäre erwartet die Lernenden eine wahre Farbexplosion in den Flurbereichen. Hier hat die reine Verkehrsfläche in den Erweiterungen eine zusätzliche pädagogische Aufgabe: Kreativinseln. Der Begriff ist übrigens gemeinsam mit der Schule entstanden. Die Art der Möbelauswahl gibt den Hinweis zur Nutzung. Auf 3 Etagen werden unterschiedliche Settings angeboten. Viel Freiraum für aktive Arbeitsmethoden, in verschiedenen Gruppengrößen, Platz für kreatives Arbeiten, angepaßt an unterschiedliche Arbeitsaufträge und Lernziele. Mobile Elemente erlauben es, sich immer wieder neuen Situationen anzupassen. Es gibt den klassischen runden Tisch mit Stuhlsesseln, Stehtische mit zugeordnetem Bildschirm an der Wand, Hocker, die schnell mal zu einer Diskussionsrunde zusammengestellt werden können, Pinnwände um Beiträge und Ergebnisse zu präsentieren und Platz um sich zu bewegen. Stillsitzen ist hier nicht gewünscht.

Einfluss und Wirkung der Leitfarbe

Etage Farbe Wirksamkeit
EG Blau Beruhigend, wird mit frischer Luft und blauem Himmel assoziiert,
erfrischt, vermittelt ein Gefühl von Frieden und Stille
1.OG Grün schafft Verbindung zur Natur und eine gesunde, ausgeglichene
Stimmung, vermittelt ein Gefühl von Entspannung, weckt Stärke
und Hoffnung

2.OG Gelb Weckt Enthusiasmus und Freude, symbolisiert die Sonne,
weckt Optimismus und stimuliert motorische Fähigkeiten, stärkt
das Selbstvertrauen und weckt den Sinn für Geselligkeit
3.OG Violett Weckt die Fantasie und die Kreativität, schafft eine mystische
und magische Atmosphäre
Farbstudie Bildungswesen: Einfluss von Farbe und Materialien in Lernumgebungen. Studie der Firma Tarkett. Farbstudie Education 2019

Skillslab

Das sind komplett eingerichtete Bettenzimmer für das realitätsnahe Einüben von Pflegesituationen im Patientenzimmer und im Bad. Die praktischen Übungen werden in den Seminarraum übertragen und können so von der ganzen Gruppe beobachtet und hinterher gemeinsam besprochen werden.

Leit- und Orientierungsdesign

Leit- und Orientierungssysteme sind weit mehr als nur Schilder. Die Elemente, die zu einem gelungen Design beitragen, sind vielfältig. Mehr dazu: https://www.be-pechhold.de/kompetenzen/#Orientierungsdesign. Schon beim Betreten des Gebäudes sollte man den Sinn und Zweck erkennen. Was passiert hier? Wer hält sich hier auf? Was gibt es für Themen? Womit beschäftigen sich die Nutzer dieses Gebäudes. Ein Haus, in dem Bildung vermittelt wird, sollte nicht mit einem Standard Bürogebäude verwechselt werden können. Identität stiften ist hier das Stichwort. In der Pflegeschule zeigen große Bildtafeln im Treppenhaus, was sich hier tut. Die Leitbilder der Stiftung Bethanien und der Akademie werden in Schlagworten plakativ jedem, der durch das Gebäude geht, immer wieder vor Augen geführt: Menschlichkeit, Toleranz, Empathie, Verantwortung, Würde, Miteinander und Motivation werden in den Farbwelten der Etage mit Bildern und Zeichen verknüpft. Pictogramme nehmen diese Themen auf und man entdeckt sie als Leuchtpunkte auf den Kreativinseln wieder. Das ganze Gebäude wird wie eine Klammer vom Farbkonzept zusammengehalten. Die Leitfarbe der Etagen findet sich überall in den öffentlichen Bereichen wieder: Die Türbeschriftung bestehen aus großflächigen Zahlen und Piktogrammen, die Kreativinseln sind monochrom in der Farbe gestaltet, Boden, Wand und alle Möbel nehmen die Farbe auf.

Eröffnung – Farbe wirkt!

Das, was mich heute bei der Eröffnungsfeier am meisten berührt hat, waren die Gespräche mit den Nutzern. Das sind die Momente, in denen ich das Gefühl habe, alles richtig gemacht zu haben. Es ist wunderbar, wenn die theoretischen Ideen in der Wirklichkeit aufgehen und funktionieren, wenn die Atmosphäre strahlt und die Räume wirken. Wenn Menschen in den Räumen das, was sie tun, mit Begeisterung machen. Das Feedback ist umwerfend. Eine Lehrerin sagt: “ Ich habe noch nie so einen guten Kontakt zu unseren Auszubildenden gehabt wie hier in den neuen Räumen. Es ist einfach Raum für Kommunikation mit der richtigen Atmosphäre da, in denen die Auszubildenden selbst nach dem Unterricht noch gerne bleiben.“ Die Auszubildenden sind begeistert von den Kreativinseln, die ihnen die Möglichkeiten geben, abwechslungsreich und mit viel Spaß in die Farbwelten einzutauchen und gemeinsam arbeiten zu können. „Unsere Bedürfnisse sind erkannt worden und viele unsere Wünsche sind umgesetzt.“

Danke

Die Qualität des Projektes ist auch auf eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Planern der Firma Vollack zurückzuführen: Sehr konstruktiv und wechselseitig inspirierend. Ohne meine direkten Ansprechpartner der Stiftung Bethanien, unsere konstruktive, gemeinsame Projektarbeit, das Vertrauen in meine Ideen und den Willen, Gestaltung mutig zu vertreten und zu realisieren, wären viele Dinge so nicht möglich. DANKE!

Ich bin sehr dankbar, meinen Teil zu so einem relevanten und wichtigem Projekt beigetragen zu haben und wieder einmal zeigt sich glasklar:

Räume sind wirksam!

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